Das Grundstück der ehemaligen Bruchsaler Synagoge ist zur Zeit eines der Themen in der Bruchsaler Kommunalpolitik und beschäftigt – nicht zuletzt auch wegen des Bürgerbeteiligungsprozesses der Verwaltung – auch viele Bruchsaler Bürger, die sich offensichtlich über dieses historische Gelände und seine weitere Nutzung Gedanken machen. Es wurden bis vorletzte Woche zahlreiche Vorschläge bei der Verwaltung offiziell eingereicht, nun darf man gespannt sein, was dem Gemeinderat am Ende zur Entscheidung vorgelegt wird.
Beinahe jedes Mal, wenn man mit Verfahrensbeteiligten spricht, ob in der Verwaltung oder dem Gemeinderat oder mit interessierten Bürgern, am Ende wird immer über die Finanzierbarkeit gesprochen, die, so der einschlägige Tenor, „am Ende sowieso die Sache entscheiden wird.“
Anders war dies allerdings, als ich im Juli die Möglichkeit hatte, mit Nachfahren jüdischer Bruchsaler Familien in den USA Gespräche zu führen, bei welchen die Thematik Synagogengelände auch diskutiert wurde. In New York konnte ich Raymond Schrag, den Sohn von Paul Schrag treffen. Pauls Vater musste vor den Nazis aus Bruchsal fliehen und seine Malzfabrik „Schragmalz“ zurücklassen – aber das ist eine andere Geschichte.
Raymond Schrag sprach sich bei diesem Treffen eindringlich gegen eine kommerzielle Nutzung des Synagogengeländes aus, eine solche Nutzung wäre nach Bebauung des Grundstückes mit einem Feuerwehrhaus nach dem Krieg ein weiterer falscher Schritt, der dazu führen würde, die Situation zu verschlimmern und die jüdische Vergangenheit Bruchsals weiter dem Vergessen anheim zu geben.
Wenige Tage später traf ich Harry Ettlinger und seinen Sohn Paul in New Jersey und auch bei diesem Treffen nahm die Thematik Synagogengelände einen breiten Raum ein. Harry und Paul sprachen sich ebenso eindringlich dafür aus, ein würdiges Gedenken an dieser heiligen Stätte zu ermöglichen und von einer kommerziellen Nutzung abzusehen.
Diese beiden Termine machten mir erneut auf sehr bewegende Art und Weise klar, welche Wichtigkeit das Thema Synagogengelände insbesondere innerhalb der jüdischen Gemeinde der USA hat.
Ich möchte nun jedoch zum Thema Finanzierung zurückkommen. Schon seit längerem stelle ich mir die Frage, was wäre, wenn nicht nur die Firma SEW Eurodrive ein neues Feuerwehrhaus finanzieren, sondern für die Neugestaltung des ehemaligen Synagogengrundstückes ein Sponsor zur Verfügung stünde, für welchen der würdevolle Umgang mit dem Gelände und seiner Geschichte im Vordergrund stehen und Geld keine Rolle spielen würde?
Stellen wir uns einfach vor, es stünden zweckgebunden mehrere Millionen EUR zur Verfügung. Was würden wir dann tun? Immer noch ein Mehrgenerationenhaus planen, eine Rathauszweigstelle, eine KiTa, ein Seniorenwohnheim oder ähnliches? Oder würden wir dann nicht wirklich etwas Besonderes schaffen wollen, etwas Außergewöhnliches, was Bruchsal und seinen Umgang mit der jüdischen Vergangenheit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus in einem besonderen Licht erscheinen lassen würde? Würden wir nicht die Chance nutzen wollen, in Zeiten zunehmender antisemitischer Tendenzen in unserer Gesellschaft und ja, auch in Bruchsal, ein Zeichen zu setzen gegen Faschismus und für Menschlichkeit und Gedenken?
Lassen Sie, werter Leser, diesen Gedanken einfach einmal wirken.
Ich selbst komme zu dem Schluss, dass ich überzeugt bin, dass wir ohne Finanzierungsvorbehalt völlig anders agieren würden.
Und ja, es ist mir selbstverständlich bewusst, dass ohne ausreichende Finanzierung nichts machbar sein wird, aber dennoch, vielleicht muss man als Kommune, Bürger und Einwohner einfach mal neue Wege suchen und gehen, um tatsächlich etwas Großes für Bruchsal zu erreichen. Wir haben hier eine einmalige und epochale Chance etwas Besonderes für Bruchsal zu schaffen, etwas, was unsere Stadt für sehr lange Zeit prägen wird, mehr als ein Bürgerzentrum oder eine Rathausgalerie.