Feuerwehrhaus – Offener Brief an die Stadt Bruchsal

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie vielleicht wissen, haben historisch interessierte Bürger im letzten Jahr den Verein zur Erhaltung historischer Bauwerke in Bruchsal, VEHBB e.V., gegründet. Im Zusammenhang mit dem Alten Wasserwerk in Bruchsal haben wir bereits mit Ihnen diskutiert. Allerdings ist der Verein längst nicht nur auf das Alte Wasserwerk begrenzt, sondern hat auch andere Objekte in seinem Fokus. Das wenige, was uns unsere Väter und Vorväter hinterließen und was den Feuersturm von 1. März 1945 überdauerte, wurde in den 1970er und 1980er Jahren gnadenlos abgeräumt. Um ähnliche Fehlentscheidungen zukünftig zu verhindern, wird sich der VEHBB auch vehement für das Gelände und Gebäude des jetzigen Feuerwehrhauses in der Friedrichstraße einsetzen.

Die Herausgeber von BRUCHSAL.ORG hatten bereits Mitte 2015 die Thematik Feuerwehrhaus in Bruchsal erörtert und Nutzungsvorschläge angeregt:

http://www.bruchsal.org/bruchsaler-bruchstueck/

Mit Blick auf die neuesten Entwicklungen um den Neubau eines Feuerwehrhauses in Bruchsal und der Tatsache, dass durch die SEW hier ein großes Momentum entstanden ist, denken wir, es ist der richtige Zeitpunkt die Anregungen von BRUCHSAL.ORG aufzugreifen und in eine Diskussion mit der Stadtverwaltung einzutreten, da sich mit einem Auszug aus dem bestehenden Feuerwehrhaus die Frage über die Nutzung des Anwesens stellt.

Der VEHBB e.V., dem auch die Herausgeber von BRUCHSAL.ORG angehören, möchte im folgenden diesen Ansatz weiterdenken und das Gelände im kulturellen bzw. stadthistorischen Interesse genutzt sehen. Die entsprechenden Vorschläge sollten dabei unbedingt nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

Folgende Überlegungen liegen diesem Vorschlag zugrunde:

Bis zur sog. „Reichskristallnacht“ im November 1938 stand an dieser Stelle die Bruchsaler Synagoge. Das Abfackeln der jüdischen Gotteshäuser war deutschlandweit der Einstieg in die Ermordung von Millionen jüdischer Menschen. Daher ist es uns ein Anliegen, dieses Gelände einer besonderen Nutzung zuzuführen und nicht dabei zuzuschauen, wie womöglich einmal mehr Bestand abgerissen und mit einem weiteren großen Investoren-Projekt überbaut wird. Insoweit haben wir einen weiteren Ansatz zu den bereits im Jahr 2015 formulierten im Sinn, nämlich den Erhalt des Feuerwehrhauses auf dem historischen Gelände und seine Nutzung als Kultur- und Theaterzentrum. Zahlreiche Bruchsaler Vereine und Kultureinrichtungen sind bekanntlich auf der Suche nach einer “Bleibe” mit Anforderungen, die bereits vorhandene Einrichtungen inkl. dem zwangsläufig kommerziell ausgerichteten BÜZ nicht leisten können. Bei der zentralen Lage des Geländes mitten in der Stadt und dem Anschluss an die bestehende Infrastruktur inkl. ausreichender Parkplätze wäre das Feuerwehrhaus wunderbar geeignet. Außerdem benötigen sowohl Stadtarchiv als auch Städtisches Museum Räumlichkeiten, für die die innerstädtische Lage ideal wäre. Die KFZ-Halle des Feuerwehrhauses wäre jeweils hervorragend für Konzerte und Vorträge zu nutzen.

Nicht zuletzt wäre dies ein Weg offensiv mit dem historischen Zynismus umzugehen just an dem Ort ein Feuerwehrhaus erbaut zu haben, an dem zuvor die damals gleichgeschaltete Bruchsaler Feuerwehr dabei zuschaute, wie die Synagoge abbrannte.

Im Rahmen der Umwidmung und Umgestaltung wäre es auch möglich eine Gedenkstätte für die Synagoge, zum Beispiel auf dem Vorplatz, zu errichten. Dort fände auch die noch vorhandene Säule der Synagoge wieder ihren Platz. Im Inneren des neuen Gebäudes könnten historische Ansichten sowie gegebenenfalls das Modell der Synagoge ausgestellt werden. Hier gibt es jedenfalls ausreichend Material, nicht zuletzt die 3D-Animation von Herrn Jürgen Schoner.

Unsere Gedanken und Überlegungen befindet sich naturgemäß noch in einem recht frühen Stadium, wir wollten jedoch sicherstellen, dass wir hier nicht durch die normative Kraft des Faktischen überholt werden und am Ende ein Abriss und eine Neubebauung des Geländes durchgeführt werden, ohne dass die Bürger unserer Stadt bei der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit einem solch sensiblen Gelände eine Möglichkeit der Mitsprache hatten.

Gerne treten wir mit Ihnen und Ihren Fachleuten in ein Vorabgespräch ein, wollten jedoch aus Gründen der zeitlichen Effizienz hier frühzeitig eine Öffentlichkeit herstellen. Erfahrungen aus der Vergangenheit der Bruchsaler Stadtentwicklungspolitik haben uns alle gelehrt, dass dies nicht unbedingt ein falscher Ansatz ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jochen Wolf
1. Vorsitzender VEHBB e.V.