Offener Brief an OB Petzold-Schick

An Frau Oberbürgermeisterin
Cornelia Petzold Schick
Rathaus 1
76646 Bruchsal

Bruchsal, den 18. Oktober 2018

Offener Brief an die Oberbürgermeisterin als Vorsitzende des Gemeinderates der Stadt Bruchsal – in Kopie an Prof. H. Ayrle und die Fraktionsvorsitzenden des Bruchsaler Gemeinderates

Sehr geehrte Frau Petzold-Schick,

zum Thema künftige Nutzung des früheren Synagogen-Geländes hat es in den vergangenen Monaten eine breite öffentliche Diskussion gegeben, wie sie in Bruchsal vermutlich noch nie zu einem kommunalpolitischen Thema stattgefunden hat. Das ist aus Sicht des Vereines bruchsalia e.V. nur zu begrüßen. Uns haben in der Zwischenzeit immer wieder interessierte Bürger angesprochen und die Befürchtung geäußert, dass im Rahmen des Verfahrens der Bürgerbeteiligung der Gemeinderat eine Vorauswahl treffen würde und erst danach nicht alle, sondern nur die vom Gemeinderat als „umsetzungswürdig“ kategorisierten Vorschläge in den Ideenwettbewerb als nächsten Verfahrensschritt überführt werden würden.

Gestützt wird diese Befürchtung angeblich durch den Wortlaut des Artikels I, Nr. 3 des Beschlussantrages des Gemeinderates. Dieser lautet wie folgt:

3. Information des Gemeinderates über das Ergebnis des zweiten Schrittes und Festlegung der Rahmenbedingungen für das weitere Verfahren
Gemeinderat als entscheidendes Gremium legt unter Einbindung der Vorschläge aus dem Ideenfindungsprozess die weiteren Rahmenbedingungen und Zielvorgaben fest (städtebaulich, finanziell, historisch)

Wir möchten Sie daher bitten, öffentlich klarzustellen, wie dieser Absatz zu verstehen ist.

Nach Ansicht des Vereines bruchsalia kann aus diesem Absatz nicht die Regelung entnommen werden, dass der Gemeinderat eine Vorauswahl trifft und die Möglichkeit hat, schon jetzt einen Vorschlag „aus dem Rennen zu nehmen.“ Wir sind vielmehr der Überzeugung, dass diese Bürgerbeteiligung, die die Stadtverwaltung und der Gemeinderat angestoßen haben, nur dann Sinn macht, wenn jetzt im Vorfeld des städtebaulichen Ideen-Wettbewerbs nicht schon Festlegungen durch den Gemeinderat getroffen werden. Wir gehen davon aus, dass es im Sinne einer wirklichen Bürgerbeteiligung ist, wenn den Teilnehmern des städtebaulichen Ideen-Wettbewerbes alle bisher eingebrachten Vorschläge als Arbeitsmaterial zur Kenntnis gebracht werden, zunächst einmal unabhängig von der Einschätzung ihrer Realisierbarkeit durch den Gemeinderat. Wir erwarten uns von diesem Wettbewerb, der sicherlich auch professionelle Planungsbüros außerhalb Bruchsals ansprechen soll, weitere kreative Ideen und Konzepte. Ergebnis eines solchen Wettbewerbes kann auch sein, dass am Ende ein Projekt umgesetzt wird, in dessen Realisierung sich zahlreiche Elemente verschiedener Vorschläge finden, die in ihrer Gänze nicht umgesetzt werden können.

Es wäre aber für die, die sich in dem Projekt Bürgerbeteiligung engagiert haben, frustrierend, wenn
sie die Erfahrung machen müssten, dass ihre Ideen und Vorschläge nicht denen zur Kenntnis gegeben
werden, die sich jetzt professionell mit dem Thema zu beschäftigen haben. Künftige Projekte zur
Bürgerbeteiligung würden dann von vorneherein unter dem schweren Vorbehalt stehen, dass eine
echte Bürgerbeteiligung überhaupt nicht erwünscht ist.

In diesem Zusammenhang müssen auch die studentischen Entwürfe des Karlsruher Institutes für
Technologie (KIT) zu diesem Thema betrachtet werden. Dem Fachgebiet Bau- und
Architekturgeschichte wurde in Aussicht gestellt, dass die Master-Studentenarbeiten des
baugeschichtlichen Seminars „Synagoge, Feuerwehrhaus und nun? Vom Umgang mit dem jüdischen
Bauerbe“ zum Thema der Bebauung des Bruchsaler Synagogengrundstücks im kommenden Frühjahr
im Rathaus den Bruchsalerinnen und Bruchsalern präsentiert werden dürfen. Mittlerweile hat die
Stadtverwaltung jedoch eine Ausstellung im Rathaus abgelehnt, da die Kosten von etwa 1.500 bis
2.250 EUR durch die Stadt nicht zu tragen wären. Ebenso wurde als weitere Begründung fehlende
Ausstellungsfläche genannt.

Wir als bruchsalia halten es für sinnvoll, dass zum einen der Bruchsaler Bevölkerung die Möglichkeit
gegeben wird, sich mit solchen studentischen Entwürfen, aber auch allen anderen 49 eingereichten
und anonymisierten Vorschlägen zu befassen. Zum anderen glauben wir, dass es angemessen wäre,
allen Vorschlägen, die sich sehr intensiv mit dem Thema auseinandersetzen, eine Möglichkeit der
öffentlichen Präsentation zu geben. Es wirft auch kein guten Bild auf Bruchsal, wenn ein
Kooperationsangebot einer solch renommierten Universität wie dem KIT so lapidar abschlägig
beschieden wird.

Wir würden uns freuen, wenn Sie – Verwaltung und Fraktionen des Gemeinderats – unsere
diesbezügliche Auffassung teilen würden und erwarten mit Interesse Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen für den Verein Bruchsalia e.V.
Dr. Jochen Wolf
1. Vorsitzender